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Bad Anna
 
 
Im Hirschwinkel der Gemarkung Helbra / Benndorf liegt das Braunkohlengebiet der ehemaligen Grube Anna. Das Kohlenfeld und Nutzung gehörten einem Herrn Dr. Müller aus Staßfurt. Der Anfang der Kohlengrube dürfte in die Mitte des 18. Jahrhundert zu veranlagen sein.
Im Vorfeld eine kurze Schilderung über Bau- und Abbauweise der dortigen Braunkohle zu hinterlassen, soll hier, eine mündliche Überlieferung niedergeschrieben werden, die ein Kohlenarbeiter der Grube „Anna“ seinerzeit hinterlassen hat, und der mein ehemaliger Arbeitskamerad war. Sein Name ist: Otto Thurm geb. am 17.Febr. 1855 gest. am 12. Aug. 1936 aus Hergisdorf (sein Wohnhaus stand im Spitzwinkel des Baches und der Hauptstraße unterhalb des Kriegerdenkmales 1914/18).
Das Kohlefeld hatte seinen Anfang von Übertage im tiefsten Punkt des Geländes. Um die Wasser von dem vollgelaufenen Gelände abzulenken, wurden von der Süd- und Nordfront des Abbaufeldes, Wassergräben angelegt. Der nördliche Wassergraben wurde zum Teil überwölbt und dann mit Abraummassen überdeckt.
Beide Gräben vereinigten sich in den jetzigen Abflussgraben. Zunächst wurde Tagebau betrieben von Ost nach West. Der Abraum wurde unter zu Hilfenahme von Tierkräften nördlich vom Bau aufgeschüttet, auf dessen Anhöhe sich jetzt die Adam’sche Obstplantage befindet. Eine zweite Abraumerhöhung befindet im entleerten Abbaufeld und bildet die sogenannte Insel. (Also kein vulkanischer Ausbruch!)
Nach den immer mächtiger werdenden Abbraummassen wurde zum Tiefbau auf einfallender schiefen Ebene übergegangen. Der Aufzug aus dem Tiefbau erfolgte durch Dampfkraft. Als Kohlenabnehmer waren hauptsächlich der Mansfelder Kupferbergbau, z.B. Martinschacht in Kreisfeld, Sanderschacht, Schmidschacht, Bolzeschacht, Ernstschacht (noch sechs Jahre lang) in Helbra, Hövelschacht bei Benndorf, Lichtloch 80/81, Theodorschacht bei Klostermansfeld, Freieslebenschacht bei Leimbach. Ab- bzw. Zufuhr erfolgte mittels Pferdebespannung. – Auch die Einwohnerschaft der umliegenden Ortschaften bezog die erdigen Kohlen von der Grube Anna.
Die Fabrikation von Kohlesteinen ging folgendermaßen vor sich. Es wurden Kastenformen mit konischen Fächern in Backsteingröße angefertigt, die Kohle angefeuchtet teils mit Kurzstroh, auch ohne, vermengt in Formen geschaufelt und mit Brettpantoffelschuhen festgetrampelt, an geeigneten sonnigen Stellen vor den Häusern auf der Straße und gleich zum Trocknen aufgestapelt und mit Brettern vor Nässe geschützt. – Vor Diebstahl brauchten die Leute nicht zu bangen: denn das 7.Gebot hatte seinerzeit noch Geltung und wurde gewöhnlich respektiert. (Hierzu im Anhang einige humoristische Episoden).
Zurück zur Grube.
Die Entwässerung der Grube Anna wurde wie folgt geregelt:
In der unter der Kohle sich befindenden Tonschicht wurde ein starkeinfallender Stollen von dem stillgelegten Lichtloch 77 zum Froschmühlenstollen nordöstlich vom Tiefbau Anna getrieben und die Wasser in den vorgenannten Schacht hineingelassen. Das war an und für sich nicht schlimm! Bekanntlich liefert der Froschmühlenstollen für die Wasserhaltungsreviere Schmidschacht bei Helbra und den W-Schacht Wimmelburg Wasser, die die genannten Marken hochpumpen, Ortschaften und Marken mit Trink- und Brauchwasser versorgten und versorgen. Bei gewittrigen Regengüssen kamen naturgemäß stärkere Wassermassen im oberirdischen Abbaufeld zusammen und Kohlenschlamm mitführend in den Froschmühlenstollen. Eine Untersuchung stellte eine Verunreinigung des Wassers fest. Auf Anordnung der Stollenverwaltung kam der kürzere Querschlag zum Lichtloch 77 zur Zumauerung.
Das Wasser von der Grube Anna hatte keinen Abfluss mehr, füllte den Schacht und stieg von Tag zu Tag immer mehr, so dass auch der Tiefbau Anna unter Wasser gesetzt wurde. Die Verwaltung der Gruben lag in den Händen des Obersteigers Herrn Martin Ritter aus Ahldorf (Grund) (geb. 6. Jan. 1816; gest. am 2. April 1901).
In der Zwischenzeit wurde ein Saigerschacht nordwestlich vom Tiefbau abgetäuft. Selbiger mit Holzzimmerung versehen hatte eine Täufe von ca. 15 – 16 Lachter (1 preußischer Lachter = 2,0924Meter) (~2,1 Meter). Es waren acht Fahrten eingebaut (1 Fahrt=Leiter von 4 Meter Länge), kurz 32 Meter tief. Dieser Schacht hieß „Karoline“, war für Wasser- und Wetterführung geplant. Ein Querschlag wurde nach Richtung Anna getrieben und mit 2 Türstöcken schon versehen (ein Türstock ist eine Tür mit zuschlagendem Flügel).
Eines Tages im Monat März 1879 kam der Kamerad von Otto Thurm vorzeitig zur Nachmittagsschicht auf Grube Karoline an. Am Handhaspel saß der Kamerad Gustav Butzmann aus Helbra, Hirtenborn 3 (geboren am 09. November 1852, gestorben am 14. September 1919), und ein zweiter Kamerad (dieser Name mir leider entgangen ist) und warteten auf „Auf Signal“.
Otto Thurm zündete seine Grubenlampe an, kletterte in die Tiefe. Beim Besteigen der vierten Fahrt ungefähr zur Hälfte der Seilfahrt tatschte er ins Wasser. O Schreck, die Lampe zur Hand nehmend unter sich leuchten der ganze Schacht voll Wasser, fuhr-schnell herauf und Meldung machen, was geschehen ist. Kamerad Putzmann, die Grubenlampe nehmend, steigt hinab um sich von der Meldung selbst zu überzeugen. Dem Obersteiger Herrn Ritter wurde sofort diese traurige Botschaft überbracht. Er eilt zur Grube und ruft laut: O Gott meine ? Knappen!
Es ist geschehen, eine Rettung ist unmöglich, noch viel weniger eine Bergung der Verunglückten?! Die Namen der drei Verunglückten gab mir O. Thurm an: Gottschalk aus Ahlsdorf, Dockhorn aus Siebigerode und Lutze aus Klostermansfeld.
So schlummern sie im tiefen Wassergrabe.
Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir!
Ps. 130,1 hätte hier seine Berechtigung!
Finanzielle Schwierigkeiten der Unternehmer (die hier keinen Platz haben) zwangen ihn die Gruben „Anna und Karoline“ ihrem Schicksal zu überlassen. Der Wasserspiegel hat seinen Höhepunkt erreicht. Soweit die mündliche Überlieferung des ehemaligen Arbeitskameraden Herrn O. Thurm.
Auf Wunsch des jetzigen Besitzers Herrn Arno Frosch habe ich vorliegende schriftliche Überlieferung niedergeschrieben. Möge diese Niederschrift der jetzigen und den kommenden Generationen zur Kenntnisnahme dienen.
Bad Anna
Der Kaufmann Her Friedrich Hörning Helbra, Bismarckstraße 43 (jetzt Pestalozistraße) lies das Wasser von der Grube Anna im Laboratorium untersuchen, es wurde „einwandfrei“ befunden und behördlicherseits zur Gründung einer öffentlichen Badeanstalt die Erlaubnis erteilt. Es folgte ein Pfahlbau von Norden und Süden der Insel zu. Die Badezellen aus Brettern, für Kinder und Nichtschwimmer getrennt nach Geschlechtern, für das weibliche Geschlecht maximal der östliche, für das männliche Geschlecht der westliche Teil bestimmt. Die Vorschriften mussten von den Badegästen strengstens beachtet werden. Eine Bretterbude diente als Schankzelt für durstige Kehlen. Am 1. Juli 1883 wurde „Bad Anna“ offiziell von der Gemeindebehörde Helbra eröffnet.
Als Inhaber des Bades sind mir bekannt die Herren:
Hörning, … als Käufer. …. Und Arno Frosch als Eigentümer.
Über die Ausgestaltung des „Bades Anna“ durch die einzelnen Unternehmungen zu berichten, erachte ich nicht als meine Aufgabe.
 
Helbra, im Juni 1951